Vermischtes
Newsroom

Ist SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach noch Herr der Lage?

Ist SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach noch Herr der Lage? Wolfgang Krach (Foto: Veronica Laber)

„Der SZ-Chefredakteur gibt uns Ratschläge für die Berichterstattung über die SZ, ihn und seinen Umgang mit Kritik“, schreibt „medium magazin“-Chef Frederik von Castell. Wie es dazu kam.

München – „Der SZ-Chefredakteur Wolfgang Krach gibt uns Ratschläge für die Berichterstattung über die SZ, ihn und seinen Umgang mit Kritik. Richtig gelesen“, schreibt „medium magazin“-Chefredakteur Frederik von Castell im Editorial zur Titelgeschichte über die „Süddeutsche Zeitung“. Und weiter: 

 

Vielleicht geht es Ihnen auch so: Wir waren schon ein wenig verwundert darüber, was Wolfgang Krach meiner Kollegin Senta Krasser und mir in den vergangenen Tagen mehrfach geraten hat. Oder wie er es formulieren würde: Was er doch sehr hofft. Nämlich, dass das „medium magazin“ sich an die „journalistische Tugend“ halte, „eine Geschichte nicht ausschließlich auf anonyme Zitate zu stützen.“ Tja.

 

In den vergangenen Wochen haben wir intensiv recherchiert, wie es um die krisengeschüttelte SZ bestellt ist. Schließlich erscheinen über das Medienhaus schon seit einer Weile fast so viele Schlagzeilen, wie die SZ sie selbst produziert. Sei es die Kritik an der Berichterstattung zu Hubert Aiwanger und dem antisemitischen Flugblatt, seien es die jüngsten Nachrichten von weiteren Stellenkürzungen und dem Verprellen von Pauschalistinnen und Pauschalisten oder der öffentliche Selbstzerlegungsprozess um Krachs Suche nach einem Maulwurf in der Redaktion. Und dann ist da noch der ungewöhnlich lang anhaltende Braindrain: Zu viele Topkräfte kehren dem Münchner Medienhaus den Rücken.

 

Auf der Suche nach dem Warum haben wir viele Gespräche geführt, haben mit vielen ehemaligen und aktiven Beschäftigten der SZ unabhängig voneinander geredet. Sie sprachen offen, baten aber um Anonymität. Sie eint die Sorge um die SZ. Und dass sie immer wieder vor allem einen Namen nennen: Wolfgang Krach. Alle unsere Gesprächspartner halten ihn für einen ausgezeichneten Journalisten. Und zugleich sehen alle in ihm und seiner Redaktionsführung eine Ursache der SZ-Dauerkrise.

 

Natürlich gaben wir ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme, mehrfach. Ein Interview lehnte er ab, bot aber ein Hintergrundgespräch an. Eine Stunde lang hörte er sich an, was wir zusammengetragen hatten, und äußerte sich dazu. Zitate wollte er uns nicht freigeben, auch nicht, als wir nach dem Gespräch noch einmal nachhakten. Er wiederholte lediglich seine „Hoffnung“.

 

Schade: Ausgerechnet Krach, der zu Recht als ausgezeichneter Investigativer gilt und dessen glorreichste Phase in der SZ-Chefredaktion jene war, in der er die „Panama Papers“ (Ausgangspunkt: eine anonyme Quelle) ermöglichte, missinterpretiert ein Grundprinzip journalistischen Arbeitens.

 

Quellen und ihre Motive sind sorgfältig zu prüfen; aber Quellen die Möglichkeit zur anonymen Äußerung zu geben, ist ebenso wichtig. Ob Krachs Ratschlag tatsächlich seiner Haltung entspricht? Oder doch vom Umstand herrührt, dass unsere Recherche im Ergebnis nicht gut für ihn aussieht? Wissen wir nicht. Was wir dafür erfahren haben, können Sie in unserer Titelgeschichte lesen.

 

Dass die Fehlerkultur im Journalismus Kernthema dieser Ausgabe würde, stand schon vor unseren Recherchen zur SZ fest. Wie gut die Beiträge von Jeanne Wellnitz mit Tipps für Chefredaktionen im Krisenmodus und der Essay von Antonia Groß zur Problematik männlicher Fehlerkultur unseren Titel ergänzen würden, wussten wir da noch nicht.