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Newsroom – Henning Kornfeld

Newsletter-Ärger: „t-online“-Chef rechnet mit Google ab

Newsletter-Ärger: „t-online“-Chef rechnet mit Google ab Florian Harms (Foto: HC Plambeck)

Leser von „t-online“ wundern sich über peinliche Fehler im Newsletter – doch verantwortlich ist offenbar Googles KI-Übersetzung in Gmail. Chefredakteur Florian Harms spricht von „Schindluder“ und attackiert den Konzern scharf.

Berlin – Deutschland ächzt unter Temperaturen von um die 40 Grad. Florian Harms, Chefredakteur von „t-online“, behandelt die Gluthitze umfassend in seinem Newsletters „Tagesanbruch“ – doch ihn bringt auch ein anderes Thema gehörig in Wallung. Unter der (Zwischen-)Überschrift „Google fälscht Nachrichten“ hat er einen Rant gegen den Suchmaschinenriesen verfasst. Tenor: „Google hat mehr als nur eine digitale Schraube locker. Der steinreiche Digitalkonzern ist unfähig, seinen E-Mail-Kunden eine anständige Kommunikation zu ermöglichen. Er treibt Schindluder mit den Konten seiner Nutzer, beschädigt dabei das Renommee von Qualitätsmedien und ignoriert jeden Versuch, das Problem zu lösen.“

 

„Miserable Google-Technologie halluziniert fehlerhafte Ergebnisse“

Was ist da los? Worin besteht das Problem? Laut Harms haben sich „Tagesanbruch“-Leser mit Gmail-Adresse in Zuschriften an „t-online“ über „haarsträubende Schreibfehler“ in dem Newsletter beschwert und gefragt, „ob wir Autoren eigentlich noch alle Tassen im Schrank haben“. Tatsächlich sei für diese Fehler aber die KI-gestützte Übersetzungsfunktion „Translate“ verantwortlich, die Google im Gmail-Dienst ausrolle. „Sie führt dazu, dass in den E-Mails der Nutzer deutsche Texte absurderweise erneut ins Deutsche ‚übersetzt‘ werden – wobei die miserable Google-Technologie fehlerhafte Ergebnisse halluziniert“, behauptet Harms.

 

Neben Grammatik- und Rechtschreibfehlern gebe es in vielen Fällen auch grobe Sinnentstellungen von Texten. So habe Google den Begriff „israelische Regierung“ in „russische Regierung“ verwandelt. „Jeden Kontaktversuch meiner Technikkollegen, die das Problem lösen wollen, hat Google ignoriert“, beklagt der „t-online“-Chef.

 

Google: Keine automatische Übersetzung von E-Mails

Wie viele Zuschriften von erbosten Lesern „t-online“ erhalten hat und welches Ausmaß das von Harms geschilderte Problem mutmaßlich hat, konnte ein Sprecher der „t-online“-Mutter Ströer auf kress.de-Anfrage nicht sagen. Von Google gibt es aber eine erste – etwas ratlose – Stellungnahme. Kernsatz: „Gmail ändert die Überschriften/Inhalte von E-Mails nicht automatisch mit KI.“

 

Der E-Mail-Dienst schlage Nutzern lediglich vor, eine Nachricht zu übersetzen, wenn deren Sprache nicht mit ihren bevorzugten Einstellungen übereinstimmt. Diese Übersetzung werde aber nicht automatisch durchgeführt. Die auf dem Sprachmodell Gemini beruhenden Funktionen in Gmail seien im Übrigen nur für Nutzer mit einem kostenpflichtigen Google-Workspace-Abonnement, einem Google-AI-Pro- oder Ultra-Abonnement oder für Nutzer des Google-Workspace-Labs verfügbar. Privatkunden mit einem kostenlosen Google-Konto könnten sie hingegen nicht nutzen.

 

Ein Google-Sprecher beteuert auf Anfrage zudem, sein Unternehmen stehe in der Sache mit „t-online“ „direkt im Austausch“ und habe dort seine Unterstützung angeboten.