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Studie: Wer wird heute noch Journalist?

Studie: Wer wird heute noch Journalist? Alexandra Borchardt: „Imagekampagne reicht nicht“.

Das Ringen um guten Nachwuchs wird zu einer zentralen Herausforderung für moderne Medienunternehmen – Chefredaktionen und Leitungen von Journalistenschulen wünschen sich mehr Vielfalt – Programme, die Vielfalt fördern, existieren nur vereinzelt.

Bonn – Die Medienbranche muss den digitalen Strukturwandel meistern und attraktiv bleiben für den journalistischen Nachwuchs. Die Suche nach Talenten ist komplizierter geworden. Redaktionen konkurrieren mit Tech-Firmen, zugleich wollen sie vielfältiger werden. Mehr Migranten, mehr Frauen, weniger Ober- und Mittelschichtkinder – Chefredaktionen und Journalistenschulen wünschen sich eine buntere soziale Struktur. Konkrete Förderprogramme dafür gibt es bisher aber nur vereinzelt.

 

Das ist das Ergebnis einer qualitativen Studie, die ein Team des Reuters Institute for the Study of Journalism der Universität Oxford und des Journalistischen Seminars der Johannes Gutenberg-Universität durchgeführt hat. Unterstützt wurde das Projekt von der Deutschen Telekom Stiftung.

 

Für die Studie „Are Journalists Today’s Coal Miners? The Struggle for Talent and Diversity in Modern Newsrooms – A Study on Journalists in Germany, Sweden, and the United Kingdom“ hat ein Forschungsteam um Alexandra Borchardt (Oxford) und Tanjev Schultz (Mainz) Leitfadeninterviews mit 18 Chefredaktionen sowie leitenden Redakteurinnen und Redakteuren führender Medien in Deutschland, Schweden und Großbritannien geführt. Hinzu kamen Gespräche mit zehn Leitungen wichtiger Journalistenschulen sowie Befragungen von Studierenden und Journalistenschülern.

 

Demnach ist für viele junge Menschen der Journalismus noch immer ein Traumjob. Es gibt jedoch auch Bedenken wegen der vielen Unsicherheiten in der Medienbranche, und der Nachwuchs wird anspruchsvoller, wenn es um seine Freiheit und die Work-Life-Balance geht. „Viele junge Leute wollen zwar flexibel arbeiten, aber zu ihren eigenen Bedingungen. In Redaktionen, die ständige Einsatzbereitschaft verlangen, kann das zum Problem werden“, sagt Tanjev Schultz.

 

Vor allem außerhalb der großen Städte wird es für Medienunternehmen schwieriger, hochqualifizierten Nachwuchs anzulocken und zu halten. Außerdem gelingt es bisher nur in Ansätzen, die soziale Vielfalt in den Redaktionen zu steigern. Unzureichende sprachliche Fähigkeiten gelten vor allem in Schweden und Deutschland als Hindernis, mehr Einwanderer und Angehörige ethnischer Minderheiten einzustellen. Dazu kommt, dass in manchen Milieus eine Karriere im Journalismus nicht als prestigeträchtig erscheint.

 

Wollen die Redaktionen mehr Vielfalt erlangen, müssen sie aktiver werden und zielgerichtet auf entsprechende Gruppen zugehen. „Es funktioniert nicht, das Medienhaus per Imagekampagne als angesagten Arbeitgeber zu verkaufen, wenn die Redaktionskultur nicht dazu passt. Es kommt darauf an, Vielfalt zuzulassen und entsprechend zu führen”, sagt Alexandra Borchardt.

 

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