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Welches KI-Werkzeug Journalisten viel zu wenig nutzen – Funke-Chefredakteur Peter Schink gibt Einblicke

Welches KI-Werkzeug Journalisten viel zu wenig nutzen – Funke-Chefredakteur Peter Schink gibt Einblicke Peter Schink (Foto: Reto Klar / Funke)

Schink, an der Spitze der „Berliner Morgenpost“, sagt im „kress pro“-Gespräch, welche KI-Anwendungen in einer Redaktion sinnvoll sind – und auf welche sie besser verzichten sollte.

Berlin – Auszug aus der aktuellen kress pro-Ausgabe („Der großer KI-Toolreport“):

 

Sie haben sich schon als stellvertretender Chefredakteur von „T-Online“ intensiv mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz beschäftigt und tun das jetzt als Chefredakteur der „Berliner Morgenpost“ wieder. Welche KI-Tools haben sich bereits auf Ihren Stationen im redaktionellen Alltag bewährt, welche setzen Sie bei der „Morgenpost“ regelmäßig ein?

Peter Schink: Der journalistische Prozess besteht aus verschiedenen Teilen: Wir generieren Ideen für Artikel, schreiben Texte, verbessern sie und veröffentlichen sie schließlich. Für jeden dieser Arbeitsschritte gibt es spezifische Werkzeuge, die uns unterstützen können.

 

Beginnen wir mit dem ersten Schritt im journalistischen Prozess, der Entwicklung von Ideen. Wie können KI-Tools dabei helfen?

Bei der Ideenfindung geht es nicht in erster Linie darum, ein Thema für einen Artikel zu finden. Auch Fragen für ein Interview oder einzelne Aspekte eines Themas, die man aufgreifen könnte, lassen sich mit Hilfe von KI identifizieren. Jeder Journalist geht bei der Ideenfindung individuell vor und führt eine Art inneren Diskurs. In diesem Prozess ist die generative KI im Zweifelsfall schon besser als wir. Das gilt für alle gängigen Produkte wie ChatGPT, Gemini oder Copilot. Allerdings gibt es Unterschiede: ChatGPT antwortet auf die Frage nach Ideen eher stichpunktartig, Gemini ist deutlich ausführlicher. Die Möglichkeit der Ideenfindung mittels KI wird von Journalisten viel zu wenig genutzt, da diese Arbeitsweise für uns ungewohnt ist.

 

Hilft generative KI bei der Ideenfindung für alle Themen oder Ressorts gleichermaßen?

Sie funktioniert umso besser, je allgemeiner und globaler ein Thema ist. Für einen Artikel über den Ausbau der A100 in Berlin, also ein sehr spitzes, lokales Thema, braucht man Spezialwissen, da hilft einem KI relativ wenig. Wenn es aber um Populismus in der Gesellschaft geht, ist KI viel besser. Auch die Aktualität ist für sie noch ein Problem. Hier hat sie sich aber im vergangenen Jahr schon stark verbessert.

 

Welche KI-Tools haben sich für die Recherche bewährt?

Mich hat noch kein KI-Suchwerkzeug überzeugt. Wenn man gut googeln kann und Kenntnisse hat, die über das kleine Google-Einmaleins hinausgehen, kommt man deutlich weiter als mit KI-Unterstützung. Fasst man den Begriff Recherche jedoch weiter, stößt man auf sinnvolle KITools, zum Beispiel solche, die den Inhalt von Artikeln oder Websites zusammenfassen können. Es muss auch berücksichtigt werden, dass sich die Nutzung von KI durch Suchmaschinen sehr schnell entwickelt: Microsoft ist mit der Integration von ChatGPT in die Bing-Suche schon sehr weit, und ich vermute, dass Google sein Know-how und seine Marktstellung nutzen wird, um der Konkurrenz das Wasser abzugraben.

 

Bestimmte KI-basierte Funktionen zum Bearbeiten von Texten werden heute zunehmend in die Redaktionssysteme integriert. Wie gut funktioniert das?

Bei „T-Online“ haben wir Standards wie Vorschläge für Überschriften oder für Artikel-Teaser im Redaktionssystem implementiert, bei Funke testen wir gerade ähnliche Anwendungen. Das ist sinnvoll, damit unsere Leute nicht eine Vielzahl unterschiedlicher KI-Tools nebeneinander bedienen müssen. Die Ergebnisse sind ambivalent: KI liefert häufig naheliegende Einfälle und genormte Ergebnisse. Journalistische Arbeit lebt aber von der Kreativität, nicht von der Norm. Beim Thema Überschriften kann man das gut ausgleichen, indem man sich immer mehrere Vorschläge liefern lässt und konkrete Vorgaben macht, wie eine Überschrift auszusehen hat. Man muss die Prompts so formulieren, dass die Antworten kreativer werden.

 

Und das ist Ihnen bei „T-Online“ gelungen?

Jein. Wir waren sehr erfolgreich bei der Optimierung der Prompts. Manchmal liefert die KI aber nur eine Inspiration, an der man weiterarbeiten muss. Auch darin liegt ein großer Wert. Super funktioniert hat das Umschreiben von Pressemitteilungen, zum Beispiel von der Polizei. Menschliche Redakteure müssen nur noch kontrollieren, ob ein KI-Ergebnis inhaltlich korrekt ist, und geben der Meldung abschließend den letzten Schliff.

 

„[...] Warum die Anzahl der KI-Werkzeuge in einer Redaktion eher begrenzt sein sollte, welche Tools fürs Redigieren taugen und wie er selbst KI-Tools aufspürt, sagt Peter Schink im ganzen „kress pro“-Interview.  

 

Der große KI-Toolreport“

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