Politik
dpa

Russischer Botschafter droht deutschen Journalisten in Russland

Russland ist verärgert über den Sendestopp für das deutsche Programm seines Staatssenders RT. Der Botschafter in Berlin macht klar, dass es eine Antwort geben wird. Und er deutet auch an, in welche Richtung sie gehen könnte.

Berlin (dpa) − Der russische Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, hat eine Reaktion auf die Einschränkungen für den russischen Staatssender RT in Deutschland angekündigt. In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur machte er deutlich, dass davon deutsche Journalisten in Russland betroffen sein könnten. „Es wird sicher eine Reaktion von russischer Seite geben“, sagte Netschajew auf die Frage nach möglichen Konsequenzen für deutsche Medien in Russland. „Ich bin kein Orakel von Delphi, aber es gibt da verschiedene Möglichkeiten. Es gibt so viele deutsche Journalisten in Russland.“

 

Alle diese Journalisten fühlten sich wohl auf dem russischen Medienmarkt, sagte Netschajew weiter. „Und wir wollen eigentlich keinen Konflikt. Wir wollen nur, dass unser Sender in Deutschland die gleichen Rechte und Möglichkeiten hat und ruhig arbeiten kann.“

 

Auf die Frage, ob es den deutschen Auslandssender Deutsche Welle treffen könnte, der ein russischsprachiges Programm hat, sagte Netschajew: „Es gibt keinen Automatismus. Ich möchte da nichts vorwegnehmen. Ich hoffe immer noch, dass auf RT in Deutschland kein Druck mehr ausgeübt wird.“

 

Verbreitung über Satellit kurz vor Weihnachten gestoppt

 

Mitte Dezember hatte RT sein deutschsprachiges Live-Programm RT DE über verschiedene Verbreitungswege gestartet. Youtube sperrte nach wenigen Stunden den Kanal auf seiner Plattform und berief sich auf Community-Richtlinien. Die Medienregulierer in Berlin leiteten am Tag danach ein Verfahren gegen RT ein. Daraufhin stellte der Satellitenbetreiber Eutelsat kurz vor Weihnachten die Verbreitung von RT DE ein.

 

Hintergrund der Entscheidung ist, dass deutsche Regulierer keine Rundfunklizenz für die Ausstrahlung erteilt haben. RT beruft sich aber auf eine serbische Sendelizenz. Auch ein früherer Versuch des Senders, über Luxemburg eine Lizenz zu bekommen, war gescheitert.

RT steht im Westen immer wieder als Propagandainstrument des Kremls in der Kritik. Zentraler Vorwurf: Der Sender verbreite im Auftrag des russischen Staates Verschwörungstheorien und Desinformationen. RT weist das zurück.

 

Vorwurf der politischen Einflussnahme auf Tiergartenmord-Prozess

 

Die Auseinandersetzung um die Ausstrahlung des Programms ist einer von zahlreichen Streitpunkten, die das deutsch-russische Verhältnis belasten. Dazu zählen auch die Vergiftung und Inhaftierung des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny, Hackerangriffe unter anderem auf den Bundestag und zuletzt das Urteil gegen einen Russen im sogenannten Tiergartenmord-Prozess vor dem Berliner Kammergericht.

 

Netschajew erneuerte seinen Vorwurf der politischen Einflussnahme auf das Urteil. „Ich kann nicht beurteilen, wer den Druck gemacht hat. Ich sehe nur, dass von Anfang an nur eine Version immer im Gespräch war“, sagte er mit Blick auf die Einschätzung des Gerichts, dass staatliche Stellen in Russland den Mord in Auftrag gegeben haben. „Es gab sehr viel Lärm um diesen Prozess. Es gab aber keine überzeugenden Beweise für eine Verwicklung staatlicher russischer Stellen in den Mord.“

 

Vorwürfe gegen Mordopfer: „Bis zu den Ellenbogen im Blut“

 

Netschajew bekräftigte auch die Vorwürfe, die der russische Präsidenten Wladimir Putin bereits vor zwei Jahren gegen das Mordopfer − einen Georgier tschetschenischer Abstammung − erhoben hat. „Präsident Putin hat gesagt, er sei ein Terrorist, er stecke bis zu den Ellenbogen im Blut“, sagte er. Indirekt kritisierte Netschajew auch, dass der Mann sich in Deutschland aufhalten durfte. „Der getötete Mann hat viele Menschen auf dem Gewissen und er hatte deswegen natürlich auch viele Feinde. Er hat ein Domizil in Deutschland gefunden − trotz all seiner Sünden und Verbrechen − und wurde ermordet.“

 

Wegen des Mordes in der Parkanlage Kleiner Tiergarten im August 2019 hatte das Kammergericht Berlin kurz vor Weihnachten einen Russen zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach Überzeugung der Richter handelte der heute 56-Jährige im Auftrag staatlicher russischer Stellen. Als Reaktion erklärte Außenministerin Annalena Baerbock zwei Diplomaten der russischen Botschaft in Berlin zu „unerwünschten Personen“, was einer Ausweisung gleichkommt. Russland reagierte darauf mit der Ausweisung zweier deutscher Diplomaten.

 

„Wir möchten kein Entfremden zwischen Russen und Deutschen“

Netschajew betonte, dass man nun mit Deutschland weiter an einer positiven Agenda arbeiten wolle. „Wir möchten kein Entfremden zwischen Russen und Deutschen, sondern wir sind an einem konstruktiven Dialog und einer Zusammenarbeit zu beiderseitigem Nutzen orientiert.»

 

Von Michael Fischer und Jörg Blank, dpa