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KNA

Julian Assange darf vorerst nicht an die USA ausgeliefert werden

Seit Jahren verlangt die US-Regierung die Auslieferung von Julian Assange wegen angeblicher Spionage. Ein britisches Gericht erlaubt dem Whistleblower, Berufung gegen die Auslieferung einzulegen. Medienberichte sprechen von einem möglichen Deal.

Bonn (KNA) – Der Journalist und Whistleblower Julian Assange darf gegen seine Auslieferung an die Vereinigten Staaten nochmals Berufung einlegen. Das entschied ein britisches Gericht am Dienstag. Die USA werfen Assange Spionage vor und verlangen von Großbritannien dessen Auslieferung. Grund dafür sind Dokumente und Videos zu Kriegsverbrechen US-amerikanischer Soldaten, die Assanges Plattform Wikileaks 2010 veröffentlicht hatte.

 

Eine Auslieferung ist damit vorerst vom Tisch. Der Londoner High Court forderte in dem Beschluss die USA auf, binnen drei Wochen darzulegen, wie Assanges Rechte im Falle einer Auslieferung geschützt werden sollen. Hierbei geht es vor allem um die Frage, ob für Assange, der australischer Staatsbürger ist, dieselben Rechte gelten wie für US-amerikanische Staatsbürger. Sollten die USA dieser Aufforderung nicht nachkommen, wird das Gericht eine Anhörung zur Berufung abhalten. Sollten Zusicherungen vonseiten der USA erfolgen, will das Gericht am 20. Mai entscheiden, ob diese ausreichend sind, um die Berufung abzulehnen. Nach dem Spionagegesetz aus dem Jahr 1917 drohen Assange im US-Rechtssystem bis zu 175 Jahre Haft.

 

Assange sitzt seit 2019 in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis, nachdem ihm der ecuadorianische Präsident Lenin Moreno ihm die Staatsbürgerschaft entzog und in der ecuadorianischen Botschaft in London verhaften lies. Assange hatte seit 2012 dort gelebt, nachdem in Schweden wegen angeblicher Sexualdelikte gegen ihn ermittelt worden war. Diese Ermittlungen sind 2017 eingestellt worden.

 

Im Januar 2021 hatte ein Gericht seine Auslieferung in die USA wegen der dort zu erwartenden Haftbedingungen zunächst abgelehnt. Dieser Beschluss wurde im Dezember 2021 von einem Berufungsgericht aufgehoben. Gegen diesen Beschluss geht Assange nun vor. Die Entscheidung des High Courts ist seine letzte Chance, die Auslieferung im britischen Rechtssystem zu verhindern.

Immer wieder kritisierten Familienangehörige und auch der damalige UN-Sonderberichterstatter über Folter, Nils Melzer, die Bedingungen, unter denen Assange in britischer Haft lebte. Seine Frau Stella Assange berichtete, seine körperliche und psychische Gesundheit habe sich enorm verschlechtert. Melzer sah bei Assange Anzeichen psychischer Folter. Im Falle einer Auslieferung fürchten viele, dass sein Zustand sich weiter verschlechtern könnte.

 

Mitte März hatte das „Wall Street Journal“ über einen möglichen Deal berichtet, den die US-Regierung Assange anbieten könnte. Danach würden die USA die Anklage wegen Spionage fallen lassen, wenn Assange sich stattdessen wegen „Informationsmissbrauchs“ schuldig bekennen würde. Das Strafmaß wäre hier deutlich geringer und könnte, weil die bisherige Haftzeit angerechnet werden müsste, zu einer baldigen Freilassung führen. Das US-Justizministerium wollte die Berichte nicht bestätigen.