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Wie Investigativjournalist Daniel Drepper seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzt

Wie Investigativjournalist Daniel Drepper seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzt Daniel Drepper (Foto: NDR/Friedrich Bungert)

Daniel Drepper, Chef der Recherchekooperation von NDR, WDR und SZ, wird im Sommer einen Vortrag bei einer Unternehmensberatung halten. Eine wichtige Frage dazu will der Investigativjournalist partout nicht beantworten.

Berlin – Lässt sich Daniel Drepper kaufen?, fragt Markus Wiegand in seiner Kolumne „Aus unseren Kreisen“ und der „kress pro“-Chefredakteur analysiert: Keine Ahnung, das müssen Sie ihn selbst fragen. Wir haben ihm die Frage gestellt, ob er für einen Vortrag im Sommer bei einer Unternehmensberatung ein Honorar bekommt, und der Chef der Recherchekooperation von NDR, WDR und SZ und Chef des Netzwerks Recherche hat es vorgezogen, die Frage offenzulassen.

 

Der Hintergrund: Eine Unternehmensberatung, die auf das Thema M&A (Mergers & Acquisitions) spezialisiert ist, wirbt für ein „Networking-Event“ mit einer Keynote Dreppers, dem „Doyen des investigativen Journalismus in Deutschland"“ wie es in einem Schreiben heißt. Dazu sind „exklusiv“ Verleger in einen hübschen Schlosspark eingeladen.

 

Wir haben Drepper gefragt, warum er den Termin wahrnimmt und ob er ein Honorar bekommt. Der Journalist antwortete ausweichend: „Ich bin eingeladen worden, Anfang Juli vor einer Gruppe von Fach- und Wissenschaftsverlegern über ein Thema meiner Wahl zu sprechen. Die Einladung habe ich gerne angenommen und werde über die gesellschaftliche Kraft des investigativen Journalismus sprechen.“

 

Ich finde, man kann echt unterschiedlicher Meinung darüber sein, ob Drepper bei einer Unternehmensberatung als Redner auftreten sollte. Auf den ersten Blick ist kein Interessenskonflikt erkennbar. Andererseits gibt es aus meiner Sicht auch keinen Grund, als führender Investigativjournalist für eine Unternehmensberatung, die auf den lukrativen M&A-Bereich spezialisiert ist, als Pausenclown aufzutreten.

 

Völlig inakzeptabel aber ist die Tatsache, dass Drepper die Frage nach der Honorierung offenlässt. Das Ziel investigativen Journalismus ist es, Transparenz zu schaffen, damit Menschen sich selbst ein Urteil bilden können über Vorgänge, die sonst im Verborgenen bleiben. Genau dies verweigert Drepper in eigener Sache. Das untergräbt seine Glaubwürdigkeit als Chef der Recherchekooperation von NDR, WDR und SZ und als Chef des Netzwerks Recherche.

 

Nach 18 Jahren in der Branche kann ich eines festhalten: Es ist auffällig, dass sich gerade Recherchejournalisten nur sehr ungern mit den Maßstäben messen lassen, die sie bei anderen anlegen. Wir haben den NDR (und den WDR) übrigens gefragt, ob sich Drepper den Vortrag als Nebentätigkeit genehmigen ließ. Der NDR antwortete, Drepper sei freier Mitarbeiter und da gehörten „verschiedene Auftraggeber selbstverständlich zur freien Mitarbeit“. Es handele sich nicht um Nebentätigkeiten. Es gelte vielmehr „das Grundrecht der Berufsfreiheit“.

 

Andererseits gelte aber auch für freie Mitarbeiter der Verhaltenskodex der Anstalt: „Tätigkeiten außerhalb des NDR sind für den Sender dann vereinbar, wenn seine Interessen dadurch nicht beeinträchtigt sind.“ Daher seien freie Mitarbeitende angehalten, den NDR „rechtzeitig und umfassend“ über Tätigkeiten außerhalb des NDR zu informieren: „Dies ist im vorliegenden Fall geschehen.“

 

Mit anderen Worten: In der Welt des NDR ist es völlig normal, dass der Investigativchef des Hauses freier Mitarbeiter ist und verschiedene Auftraggeber hat. Was kommt als Nächstes? Werden Chefredakteure bald als feste Freie angestellt, um sich noch einen schnellen Euro nebenher dazuzuverdienen?

 

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