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Impfgegner und Coronaleugner: Tötungsaufrufe gegen Journalisten häufen sich

Impfgegner und Coronaleugner: Tötungsaufrufe gegen Journalisten häufen sich Frank Überall: "Die Lage ist ernst.“ Foto: DJV/Werner Siess

Nach Recherchen von Tagesschau.de sind seit Mitte November 250 Tötungsaufrufe in Telegram-Chaträumen gefunden wurden. Unter anderem gegen Journalisten.

Berlin − In den Foren von Impfgegnern und Coronaleugnern ist der Ton seit dem vergangenen Herbst radikaler geworden, bis hin zu vermehrten Tötungsaufrufen. Bei einer Recherche in Telegram-Chaträumen seien seit Mitte November 250 Tötungsaufrufe gefunden worden, berichtete am Mittwoch „tagesschau.de“. Diese richteten sich unter anderem gegen Politiker, Wissenschaftler, Ärzte und Journalisten. Das soll allerdings nur die Spitze des Eisbergs sein, da die meisten Chatgruppen nicht einsehbar sind.

 

Dies deckt sich mit Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden. Seit dem Herbst sei hier eine Zunahme zu beobachten, hieß es. Telegram sei nach wie vor der wichtigste Kanal für die Verbreitung solcher Äußerungen, die in den Chats in der Regel unwidersprochen blieben.

 

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf, hart und entschlossen gegen Absender von Mord- und Gewaltaufrufen bei Telegram vorzugehen. „Wir Journalistinnen und Journalisten erleben die Anfeindungen aus dem Lager von Impfgegnern und Coronaleugnern tagtäglich“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall am Mittwoch. Die Mordaufrufe zeigten, dass der Hass auf Journalisten keine Grenzen mehr kenne. Der DJV-Vorsitzende erinnert in dem Zusammenhang daran, dass die neue Innenministerin bei ihrem Amtsantritt ein entschlossenes Vorgehen gegen den Extremismus angekündigt habe: „Frau Faeser, lassen Sie den Worten Taten folgen. Die Lage ist ernst.“

 

Faeser hatte dem ARD-Hauptstadtstudio mit Blick auf Protestaktionen von Gegnern der staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung am Dienstag gesagt: „Es gilt natürlich das Versammlungsrecht. Und ich bin sicher, dass die Sicherheitsbehörden das auch überall umsetzen“. Das bedeute, dass eine Versammlung aufgelöst werde, wenn sie nicht angemeldet sei. „Und wenn Gewalt passiert, dann wird natürlich durchgegriffen.“ Bedrohungen und Gewalt könnten nicht hingenommen werden. „Wenn Menschen radikal werden und ausfallend werden, dann finde ich, ist eine Grenze erreicht. Dann muss der Rechtsstaat auch mit aller Härte durchgreifen.“

 

Der Deutsche Anwaltverein warnte unterdessen davor, rechtsstaatliche Grundsätze aufzugeben, nur weil ein gewünschter politischer Zweck verfolgt werde. „Auch beim Kampf gegen Rechts, demokratiefeindliche Verschwörungsideologien, Reichsbürger und sich radikalisierende Querdenker dürfen wir rechtsstaatliche Grundsätze nicht über Bord werfen“, sagte Hauptgeschäftsführerin Sylvia Ruge. Es sei richtig, denjenigen Einhalt zu gebieten, die gegen die Demokratie, das Grundgesetz und eine aufgeklärte, pluralistische Gesellschaft agierten. Das dürfe jedoch nicht dazu verführen, Freiheiten infrage zu stellen.